KROATIEN I

15. AUGUST – 1. SEPTEMBER 2019

HÜGEL IN DER HITZE

Das fasst das Land, so wie wir es erlebt haben, eigentlich ganz gut zusammen. Nachdem wir den Blogeintrag „Slowenien“ fertig geschrieben haben, sind wir mit den Resten der Familienpizza auf ein kleines Plätzchen neben der Straße und haben uns auf den nächsten Tag gefreut. Da wollten wir nämlich nach Rijeka, um endlich die erlösenden Stühle aus unserer erbärmlichen Affenhaltung zu besorgen.

Also haben wir uns am Morgen gleich beeilt und uns nach so vielen Tagen mal wieder ins Großstadtgetümmel gestürzt. Voller Vorfreude sind wir in den Outdoorladen und haben den Stuhl auch gleich gefunden. Allerdings nur einen. „Aber die Filiale in Split hätte auch noch einen.“ Na toll da besteht jetzt natürlich jeden Abend erhöhtes Konfliktpotential. Eigentlich war ja der Plan, die Küste zu meiden, weil der Küstenverkehr so gestört ist, aber Split ist halt am Meer. Naja, dann wird die Route halt mal wieder geändert. Wir haben sogar daran gedacht, da anzurufen und einen Stuhl zurücklegen zu lassen. Sonst haben wir in Rijeka nicht viel gemacht, außer einen Maiskolben zu teilen, Leute beim Shoppen zu beobachten, sich in der Windelradlerhose nicht zugehörig zu fühlen, und im McDonalds Salz zu klauen. Also sind wir weitergefahren, haben relativ schnell was Schönes gefunden und waren endlich mal früh genug dran, in Ruhe Reis mit Paprika-Sahnesoße zu kochen und unsere Unterhosen zu waschen.

Der nächste Tag war abartig. Eigentlich wollten wir einfach nur Strecke machen und voran kommen… aber… wir waren in insgesamt vier unterschiedlichen Supermärkten, weil wir jedes Mal wieder irgendetwas essentielles vergessen haben, was uns natürlich erst eingefallen ist, wo wir schon lange weg waren. Wir sind endlich ans Meer gekommen und mussten natürlich eine Runde schwimmen, wenn man schon mal so weit geradelt ist. Das war richtig schön und erholsam und super motiviert sind wir dann fünf Kilometer auf der Küstenstraße raus aus der Stadt gefahren. Aber die Menschen sind echt verrückt unterwegs. Die machen das auch sicher nicht mit bösen Absichten, weil viele ja sogar noch nett winken, hupen und anfeuern, während sie uns quasi über den Haufen fahren. Aber die unterschätzen halt den Fahrtwind, mit dem sie uns an sich saugen wenn sie mit 100 an uns vorbeischießen. Selten so konzentriert gefahren und heilfroh um den maximal uncoolen Rückspiegel gewesen. Zum Glück waren es ja nur fünf Kilometer. Und dann sind wir abgebogen Richtung Landesinnere. Richtung Berge und Makkia. Ohne Schatten. Richtung erbarmungsloser Sonne, absoluter Windstille, um die 40 Grad. Richtung absoluter Ruhe und Abgeschiedenheit. 800 Höhenmeter rauf. Ganz tolle Sache, sowas mit nur 4 Liter Wasser zu machen. Nachdem nach einer Stunde mal ein Auto vorbei kam, hab ich gefragt, wie weit denn das nächste Dorf weg ist: 25 km bergauf. Weil ich echt schon wie ein Dörrapfel ausgeschaut haben muss, ist er direkt ausgestiegen und hat uns 1,5 Liter Pfirsicheistee geschenkt und uns besorgt alles Gute gewünscht. Das nächste Auto, das wir mit der Hoffnung auf noch mehr Lebensrettendes angehalten haben, meinte nur, dass es ein Dorf „Alan“ in 5 km gibt, wenn wir links abbiegen. Ginge allerdings nochmal 300 Höhenmeter hinauf.

Egal, hauptsache Wasser, dachten wir uns und haben uns schon tierisch auf das Dorf gefreut. Ein geiles Apartmani rauslassen, mit Dusche und Essen gehen und alle Viere gerade sein lassen. Und dann kommen wir nach „Alan“, und es besteht aus vier Häusern, wo man zwar Musik hört, aber keiner zu sehen ist. In Kroatien gibt es irgendwie auch keine Türklingeln, also standen wir hilflos vor den Vorgärten und haben rumgerufen. Überhaupt nix Apartmani, nicht mal Menschen, nur eine handvoll Katzen, die uns skeptisch beobachten. Weil wir nach 20 Minuten immer noch keine Reaktion bekommen haben, waren wir echt schon am Verzweifeln und kurz davor, in einen Garten einzusteigen und den Gartenschlauch anzuzapfen. Aber zum Glück kamen dann zwei alte Damen irgendwo aus dem Wald. Sie haben uns direkt zu ihrem Haus geführt und unsere Wasserflaschen aufgefüllt. Und auf einmal kamen dann auch die musikhörenden Männer. Eine Frau hat extra für uns zwei Pfannkuchen mit selbstgemachter Marmelade gemacht. Mega lieb und wir haben uns natürlich gefreut ohne Ende, weil wir schon dachten, wir fahren rückwärts den Berg wieder runter, so fertig waren wir. Mit Händen und Füßen haben wir Ihnen unser Vorhaben erklärt und die haben auch nur gelacht und den Kopf geschüttelt. Gestärkt haben wir uns verabschiedet und nach 5 km den schönsten Spot bisher gefunden. Direkt unter einem Windrad mit Blick auf die Insel Krk im Sonnenuntergang. Da war dann alles wieder gut.

Die nächsten drei Tage sind wir hauptsächlich gefahren. 200 km bergauf, bergab, durch die Hitze kroatischen Innenlandes. Mit Makkia, Naturschutzgebieten und einer Oase. Eigentlich hatten wir auch mal wieder Lust auf einen Campingplatz und duschen, aber da kam einfach nix und wir wurden immer ekliger und meine Haare immer helmiger.

Das hat am 20.8. dann echt seinen Höhepunkt erreicht, wo wir in der Stadt Benkovac eigentlich fest damit gerechnet haben, ein Zimmer zu finden, aber halt alles ausgebucht war. Im Supermarkt wurde uns ein Hostel empfohlen, das aber leider schon voll war. Zum Glück war der Besitzer aber super lieb, echt motiviert und hat seinen kompletten Freundeskreis durchtelefoniert, bis er ein freies Zimmer über einem Restaurant für uns gefunden hat. Es war halt auch schon halb 10 und wir echt fertig und reudig. Und so kamen wir zur ersten Dusche nach 11 Tagen, einer Waschmaschine mit dem bestriechensten Waschmittel der Welt, einem Bett, einer unfassbar guten Pizza, zwei Pivos und der unendlichen lieben Gastfamilie Boban.

Am nächsten Morgen wollten wir dann eigentlich gleich weiter, aber wir haben uns so gut mit den Kindern, die den Laden mit schmeißen, verstanden, dass wir bis zum frühen Nachmittag geredet und Feigen vom Onkel gefuttert haben. Schweren Herzens haben wir uns dann doch verabschiedet, weil wir ja noch 180 km bis Split hatten und wir endlich unsere Stühle wollten.

Die nächsten zwei Tage sind wir gefahren und hatten zwei überraschend schöne Zeltplätze. Einer auf einem Feld, wo’s einfach schön war und einer in einem Tal, wo eigentlich alles steinig war, bis auf einen seit Ewigkeiten nicht mehr benutzten Fußballplatz. Da gab es haufenweise Kronkorken, Ameisenhügel, Disteln und eingesponnene Löcher, wo wir gar nicht erst wissen wollten, was da drin wohnt. Aber es gab auch Plastikstühle, die wir sehr gefeiert haben.

Am 23.08. waren wir dann endlich in Split, sind auf einer dreispurigen Schnellstraße eingefahren und haben uns schon gefreut unsere Sachen zu erledigen. Also direkt in die Innenstadt. Da wollte auch ein Kleinlaster rein, der ist aber nicht durchgekommen, weil die Roller zu weit auf der Straße geparkt haben. Also kamen die Bauarbeiter und haben alle auf den Gehweg gehoben. Jetzt stand da aber auch noch ein Auto zu weit draußen. Kein Problem, da wird gemeinsam das Auto so lange rübergeschubst, bis der Laster eben durchpasst. Aber auf den Zentimeter genau. Stuhl gekauft, Messer gekauft (unseres haben wir nämlich irgendwo liegen lassen) und uns vom Messerverkäufer eine neue Route aufschwatzen lassen. Und weil wir dann erst gesehen haben, wie schön Split eigentlich ist, haben wir uns kurzerhand ein Zimmer genommen und die Kulisse für Game of Thrones nochmal in Ruhe angeschaut. Sausüße Gasserl und lauter schöne Restaurants und Cafés! Und jetzt haben wir richtig Bock auf die Insel Korcula.


EMPFEHLUNGEN DER REDAKTION

  • Restaurant Boban in Benkovac | wahnsinnig liebe und kommunikative Besitzer, die uns wie Familie behandelt haben, sehr empfehlenswerte Pizza und Rührei (und das andere sah auch alles sehr lecker aus)
  • Stadt Split | süße Altstadt mit vielen schönen Restaurants, leider sehr touristisch, aber trotzdem einen Besuch wert, wenn man dran vorbeikommt