GRIECHENLAND

27. SEPTEMBER – 18. OKTOBER 2019

Hellas! Verrückt, jetzt sind wir echt bis Griechenland gefahren!!! Bei jedem Grenzübertritt wird uns dann doch nochmal bewusst, dass wir echt gut vorankommen. Der erste Tag war eigentlich relativ unspektakulär, weil wir ja hauptsächlich Kilometer machen wollten. Die Landschaft ist wieder trockener und oranger geworden und die Berge zur Abwechslung und Freude niedriger. Irgendwie haben wir auch mal wieder die Zeit übersehen und schnell einen Schlafplatz gebraucht. Im Endeffekt sind wir bei einer großen Kreuzung auf einer umwachsenen Straßeninsel gelandet. Am nächsten Tag hatten wir noch 90 km bis Thessaloniki und eigentlich hauptsächlich grad dahin. Das war echt schön, mal mit 25 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit unterwegs zu sein. Als wir so durch die Örtchen gefahren sind, lag auf einmal überall Watte rum. Es sah aus, als hätte man ein riesiges Kuscheltier ausgeweidet, bis wir gecheckt haben, dass hier Baumwolle angebaut und gerade geerntet wird und die Laster das überall verteilen. Das war echt interessant zu sehen und auch echt verlockend, da mal in so einen Laster voller Wölkchen zu hüpfen. Aber nein, wir sind ja erwachsen.

Gegen Mittag waren wir in Chalkidona und wollten Brot und Frischkäse kaufen. Wir konnten aber keinen Supermarkt finden, also haben wir einen Passanten gefragt, der uns gleich ganz aufgeregt zu einer verschlossenen Garage geführt hat. Da drin war dann tatsächlich auch einer, aber leider kein Brot. Als wir wieder rausgekamen, stand der Mann immernoch da, also haben wir ihn nach einem Bäcker gefragt. Er zeigt auf die Tür, in der er gerade steht. Das war aber eine Druckerei und wir wollten ihm ja nicht sein eigenes Brot abknöpfen. Aber er hat wild fuchtelnd drauf bestanden, dass wir zu ihm kommen. Also sind wir ein bisschen ratlos eingetreten und standen vor einem papiergedeckten Tisch mitten zwischen Schneidbrettern, einer Heidelberg Maschine und Papierstapeln. Leider konnte er kaum Englisch, aber wir haben das Ganze so verstanden, dass wir gerne bei ihm essen dürfen. Vorallem auch, weil er uns quasi auf die Stühle gedrückt hat, als wir uns nicht sofort hingesetzt haben. Also haben wir unsere Sachen ausgepackt, als noch zwei Männer mit Salat gekommen sind. Unser Gastgeber hat allen Wein aus einem 4l Karton eingeschenkt. Dann kamen nochmal Männer mit Humus, Cola-Dosen und frisch gegrillen Würsteln. Es wurden Plastikteller, -messer, -becher und Servietten verteilt und jeder hat gleich zwei Gabeln bekommen, damit man sie doppelt nimmt, weil sie ja sonst sofort brechen.. Vom Sohn des Gastgebers, der Englisch konnte, haben wir erfahren, dass sie sich hier jeden Samstag nach Ladenschluss zum Mittagessen treffen und das Wochenende einläuten. Die waren alle echt super herzlich, und weil ich nicht sofort von meinem Wein getrunken hab, hat mir der Gastgeber den Becher mit Cola aufgefüllt und mit mir angestoßen. Das haben die alle getrunken, Weißwein mit Cola. Dehydriert von den ersten 50 km hat die Weinschorle aber doch gut geknallt. Als ich ihn gefragt hab, ob er noch was Anderes hat, damit ich nicht komplett besoffen bin, lacht er und gibt mir ein Bier. 

Das war echt eine witzige und laute Runde mit traditioneller Sirtakimusik und immer wieder kamen neue Leckereien vom Grill. Inklusive Keramiktopf der mit Tomaten, Zwiebeln und flüssigem Feta gefüllt war, aus dem wir mit Brot gedippt haben. Quasi Käsefondue auf griechisch. Gut gesättigt mussten wir uns dann leider wieder verabschieden, weil wir hatten ja noch 40 km vor uns. Als wir draußen unsere Sachen wieder aufgepackt haben, kam der Gastgeber mit einer 0,5l Flasche zu uns, grinst und sagt: „But, no water!!“ Quasi falls uns der Saft ausgeht. Also haben wir uns den Ouzo für später aufgehoben und sind ziemlich angedüdelt nach Tessaloniki gegondelt.


zum Blogeintrag THESSALONIKI


Nachdem nach neun Tagen alles abgehakt war, sind wir mehr oder weniger motiviert wieder aufs Radl gestiegen.. es hat nämlich geregnet, gewindet und war sau kalt. Und das alles in einer Großstadt, wo zwecks Platzsparen keine Serpentinen gelegt werden sondern die Straße einfach senkrecht den Berg hoch geht.. Aber naja, wir sind halt ein bisschen verweichlicht in der Apartmani-Zeit. Deswegen sind wir auch wirklich nicht weit gekommen und haben uns nach nicht mal 40 km wieder ein Zimmer genommen. Am Tag drauf sah auch alles schon wieder viel besser aus. Wir sind schön durchs Land und nach 70 km haben wir am Strand ein geschlossenes Strandcafé gefunden. Damit uns auch ja keiner vertreibt, haben wir extra noch zwei alte Ladys gefragt, ob das denn oke ist, wenn wir da schlafen. Die haben das abgesegnet und uns fürs Frühstück auf einen Kaffee eingeladen. Das haben wir natürlich dankend angenommen und unser Lager am Meer aufgeschlagen. Inklusive unserer neuesten Errungenschaft: Hanky die Hängematte!! Das war echt ein Traum, weil die tatsächlich für uns beide Riesen groß genug ist.

Geschlafen haben wir leider nicht so dolle, weil das Meer echt laut war und ich irgendwie doch Angst hatte, dass  wir wegen dem Lärm nicht mitkriegen, wie wir ausgeraubt werden. Oder Hunde kommen. Oder alles andere, was man sich dann einbildet, wenn man um 4 Uhr nachts wach rumliegt. Mit meinen Ohrenstöpseln konnte ich aber dann doch noch ein bisschen schlafen – bis ich geweckt wurde von einer Frau, die mich aus vollem Hals anschreit. Völlig desorientiert und verwirrt hab ich die Stöpsel raus und dumm geguckt, bis ich gecheckt hab, dass das die Frau von gestern Abend ist, die uns ein Frühstück hingestellt hat und uns wecken wollte. Sie hat sich auch schon wieder umgedreht und ist im Sand nach Hause gestapft während ich nur dumm vor mich hinbrabbel „Danke… ähhh.. kalimera.. Schman.. efaristo..“ Oh mann..  Ich hab den Tom geweckt, der ja immer schläft wie ein Stein, und haben das Jausensackerl angeschaut: Vier getoastete Schinken-Käse Sandwiches, zwei Eier, Becher, Kaffe in einem Einmachglas und Zucker in Alufolie. Sausüß! Also haben wir königlich gefrühstückt, waren nochmal baden, haben zusammengepackt und sind zu der Frau, um uns artig zu bedanken. Als sie die Tür aufmacht, hat sie nur abgewunken, ist wieder in die Wohnung, hat uns eine kleine Flasche Raki gebracht und eine KitKat Tüte aufgemacht, wo wir einmal reinlangen durften. Wir haben uns gefühlt wie Kinder an Halloween. Nur halt mit Raki. 

Weil ich die Nacht vielleicht drei Stunden Schlaf abbekommen hab, sind wir nicht sonderlich weit gekommen und haben wieder am Strand ein Plätzchen gefunden. Dieses Mal wars zum Glück ruhiger. Allerdings hat der Tom am Morgen im Gaskocher eine handtellergroße Spinne gefunden. Interessant aber doch lieber hinter Glas mit Vorankündigung. Die Tiere werden jetzt generell immer interessanter. Von verrückten bunten Tausendfüßlern, über daumendicke (nicht Mama-Daumen) Raupen zu Schildkröten, die sehr langsam die Straße kreuzen.

Ja, sonst waren die Tage bis zum 16.10. relativ ähnlich. Wir sind spät losgekommen, weil es morgens sehr feucht ist und lange dauert, bis Zelt und Schlafsäcke trocken sind und müssen abends früh wieder aufbauen, weil es dunkel wird. Es ist halt doch irgendwie Herbst. In Kavala mussten wir aber doch nochmal baden, weil wenn es Mitte Oktober noch warm genug ist.. da konnten wir nicht widerstehen. Da haben wir ein Pläuschchen mit dem 60-90-jährigen Griechen Serafin gehalten, der in 50-ern in Aachen Bauingenieurswesen studiert hat. Aachen ist halt doch der Nabel der Welt.

Einige Tage sind wir noch durch ein Naturschutzgebiet gefahren, wo hauptsächlich Baumwolle angebaut wird. Da hatten wir bei einer Sammelstation auch endlich mal die Möglichkeit, unsere Fahrräder wiegen zu lassen: Toms 60kg und meins 55kg. Die Waage war für Lastwägen, wo es um Tonnen geht, also keine Feinwage aufs Gramm genau. Bei der Gelegenheit haben wir es uns dann auch nicht nehmen lassen, einmal in so einen Baumwolleberg zu springen. Wir haben natürlich vorher gefragt, aber ich glaub, der Typ war sich nicht sicher, ob er uns richtig verstanden hat. Dementsprechend hat er auch geschaut, als wir da wie die Kinder Sonntag Abend in seiner Baumwolle rumtollen. Auf jeden Fall so flauschig wie erhofft! 

Einen lustigen Schlafplatz hatten wir auch noch. Weil wir ja immer Angst vor diesen riesigen Hirtenhunden haben, haben wir einen mit Stacheldraht umzäunten kleinen Olivenhain gefunden, wo man aber das Tor mit ein bisschen Kraft aufmachen konnte. Rundrum haben in der Abenddämmmerung die Viecher zu jaulen angefangen und ein schauriges Konzert gegeben und wir haben uns seit einigen Tagen endlich mal wieder sicher gefühlt. Als wir in der Früh aufwachen steht ein Hund vorm Zelt. Er guckt, Tom guckt, beide überrascht und der Hund zieht den Kopf ein und rennt weg. Als wir dann nach dem Zusammenpacken wieder zur Hauptstraße zurückfahren, kommen wir an einem Hof vorbei, wo der gleiche Köter wild kläffend und zähnefletschend an der Kette zerrt. Feiges Vieh. 

Vom 16. – 18.10. waren wir in Alexandroupoli in einem Apartment das einen Trockner hatte, damit wir endlich mal unsere stinkenden Schlafsäcke waschen können. Das war erstmal garnicht so einfach, weil das Waschmaschine und Trockner in einem waren. Und die Betriebsanleitung gabs nur auf griechisch und das kann man ja mit ihren verrückten Buchstaben auch nicht so einfach in einen Übersetzer eintippen. Im Internet hab ich sie auch nicht auf Deutsch gefunden, aber immerhin auf Niederländisch und dann ging das Spekulieren los. “Voor minder schade aan de kleding bij een lage temperatuur drogen” hört sich doch gut an. Ich hatte echt Angst, dass wir unsere tollen Daunenschlafsäcke ruinieren, wenn wir da was Falsches einstellen. Im Endeffekt haben wir es glaub ich richtig gemacht, weil alles duftet und wir nach zwei Tagen abwechselnd im Trockner die Schlafsäcke auch wieder schön fluffig bekommen haben.

Und dann war es auch nur noch eine Tagestour zur türkischen Grenze, die wir mit nur 5-maligem Passherzeigen passiert haben. Da hatten wir echt Glück, weil die LKWs, die in einer kilometerlangen Schlange gewartet haben, stehen da schon seit über 30 Stunden. Das hat uns eine Gruppe Trucker erzählt, die sichs mit ihren Campingstühlen auf der Autobahn gemütlich gemacht haben. Für das Foto bin ich nochmal ein bisschen zurückgefahren, weil das so irre aussah mit dem Sonnenuntergang. Und die haben auch alle geguckt, warum da ne Radlerin gegen den Verkehr auf der Autobahn radelt. Also war ja kein Verkehr, standen ja alle, aber trotzdem schräg.


EMPFEHLUNGEN DER REDAKTION

  • Lidl in Asprovalta| größter bestsortierter Lidl der Welt, wo man auch im Foyer sein Rad parken kann. Und noch 20 weitere, falls man will.
  • Olivenernte bei Vasilis Delivasilis | sehr lieber Grieche, der halbjährlich in München wohnt. Bei ihm kann man Ende Oktober für Kost und Logie bei der Olivenernte helfen. Hätten wir sofort gemacht, aber wir waren 10 Tage zu früh dran. Einfach mal per Mail anfragen.