MONTENEGRO

1. – 12. SEPTEMBER 2019

Jetzt ist schon wieder was passiert…

Nach der Gammelwoche in Kotor, war bis heute auf einmal wahnsinnig viel los. Nachdem wir uns erfolgreich die 25 Serpentinen hochgeschlängelt und den wahnsinns Ausblick auf Kotor genossen haben, haben wir kurz vor Cetinje eine Bar am Berg gefunden, die aussah, wie eine provisorische Holzhütte auf einem riesigen unbeparkten Schotterparkplatz. Weil ein klitzekleines Schild mit Camping dranstand, sind wir hingefahren und wurden von dem lieben Besitzer direkt eingeladen, in der Bar auf dem Boden zu schlafen. Wirklich campen tut da glaub ich keiner. Bei zwei Bier haben wir uns mit den Stammgästen unterhalten und den Ratko mit der lustigen Lache kennengelernt, der in Cetinje Design studiert hat und eine Druckerei besitzt. Weil wir ja schon seit längerem unser Logo als Sticker haben wollten, hat er uns direkt zu sich eingeladen, damit er uns seine Firma zeigt. Also haben wir uns am nächsten Tag von den sausüßen, verspielten, acht Wochen alten Kätzchen verabschiedet und haben den Ratko besucht. Erst haben wir es garnicht gefunden, weil die Druckerei von außen wie ein dichtgemachter Laden mit von innen weiß verhängten Fenstern aussieht. Aber das ist wegen der Hitze und Laufkundschaft gibts in Cetinje anscheinend nicht. Ganz stolz hat er uns seine Heidelberg Druckmaschine gezeigt, die zwar sehr aufwändig ist, aber seit Ewigkeiten brav ihren Dienst tut. Während wir bei ihm unser Frühstück gegessen haben, hat er uns mit allerlei Geschichten und Klatsch versorgt und uns erzählt, dass sein Nachbar ein Mafiosi ist und zum Schutz vor anderen Mafiosis von der Polizei beschützt wird. Und tatsächlich steht den ganzen Tag auf der Straße gegenüber ein Polizeiwagen mit einem gelangweilten Polizisten, der das Haus bewacht.. und dann hat uns der Ratko 80 Sticker gedruckt, uns eine Schere gegeben und wir haben sie eine Stunde lang per Hand ausgeschnitten.

Dann sind wir weitergefahren, aber weit sind wir nicht gekommen. Mitten im Nirgendwo stand eine Gruppe Leute neben der Straße und zwei Deutsche kamen uns mit nem Becher Wein und Schnaps entgegen. Das wollten wir uns natürlich genauer anschauen, also sind wir geblieben und haben eine lustige Truppe kennengelernt, die aus zwei Tschechen, die eine dreiwöchige Europatour machen, zwei Deutschen, die durch den Balkan trampen und dem 80-jährigen Montenegriner Andrej, der an der Straße Honig, Wein und Schnaps verkauft. Dann wurde es verrückt. Andrej hat uns alle zu sich und seiner Frau Nada zum Abendessen eingeladen und haben selbstgemachte Würschtel, Brot, Käse, Butter, Salat und Alkohol in jeglich erdenkbarer Form bekommen. Viel unterhalten konnten wir uns nicht, weil beide so gut wie kein Englisch konnten, aber verstanden haben wir uns mit den herzlichen und grachadn Gastgebern trotzdem sehr gut. Gut angesoffen sind wir dann im Nebenhäuschen ins Bett und haben am nächsten Morgen gleich mitbekommen, wie Andrej seinen Kater bekämpft: Mit 3 fetten Knoblauchzehen, die er genüsslich wie Kaugummi kaut und uns stolz erzählt, dass er noch nie Aspirin gebraucht hat. Obwohl er uns eingeladen hat, mit ihm ins „Hotel“, wie er seinen Straßenverkauf liebevoll nennt, zu setzen und sich wahrscheinlich einfach den ganzen Tag durch Feigen-, Walnuss-, Trauben-, Knoblauchschnaps und Brombeerwein zu probieren, haben wir uns verabschiedet und sind weitergefahren. Dabei hätte er sicher einige interessante Geschichten erzählen können, weil er echt kein Kind von Traurigkeit ist, schon überall war und auf der ganzen Welt Kinder verteilt hat.

Dann ging es mal wieder schön bergauf bergab durchs Grüne, immer mal mit Blick auf den riesigen Skutarisee. Es wurde immer dunkler und irgendwie hat sich einfach kein Schlafplatz aufgetan. Die Hänge waren viel zu steil oder komplett mit Disteln und Brombeerbüschen bewachsen. Und da will man dann besser auch nicht liegen. Wir waren schon so weit, dass wir uns überlegt haben, auf einem Bushäusschen oder was auch immer es war, zu schlafen. Rein wollten wir nicht, wegen Schlangen, Viechern und Angst und die Betonplatte oben drauf war gerade und eigentlich perfekt. Wäre da nicht ein lautes, gruseliges Brummen gewesen, was sich im Endeffekt als riesiger Mückenschwarm rausgestellt hat, dem das Häusschen anscheinend gehört.

Also alles abgebrochen, wieder eingepackt und weiter und haben uns schon angezickt, als auf einmal aus dem Dickicht 50m unter uns jemand „Come!!“ ruft. Das war uns genug Einladung und wir sind umgedreht und der kleinen Abzweigung Richtung Stimme gefolgt. Da haben wir dann im halbdunkel die Geschwister Milka und Kolja kennengelernt: beide sehr offen und sympatisch, um die 65 und haben auf ihrem abendlichen Spaziergang gedacht: Diesen hilflosen Wesen müssen wir doch helfen. Inzwischen war es ja auch schon dunkel. Also sind wir ihnen zu Milkas Anwesen gefolgt und haben uns auf einer riesigen Wiese mit einem süßen Häusschen mit Weinlaube wiedergefunden. Als wir unser Kochgeschirr auspacken wollten, haben die beiden abgewunken und uns per Zeichensprache zu verstehen gegeben, dass sie sich darum kümmern. Dann gabs eine richtig leckere Brotzeit und wir sind glücklich und vollgefressen ins Zelt. Am nächsten Morgen hat uns der Sonnenaufgang mit einem wahnsinns Panorama über den Skutarisee geweckt. Wir wurden mit türkischem Kaffee und frisch gepflückten Feigen unter dem wilden Wein verköstigt und haben den Ausblick genossen. Nachdem wir alles zusammengepackt haben, gab es noch ein Mittagessen aus Rührei, Bratkartoffeln, Paprikasalat und Würschteln. Eigentlich wollten wir garnicht weiter, weils gar so gemütlich und lecker war, aber irgendwie müssen wir ja nach Afrika kommen. Also haben wir uns schweren Herzens verabschiedet und Kolja hat uns noch die Straße rauf begleitet. Wir haben uns schon gewundert, warum er einen Stock hat und 5 m vor uns geht. Aber auf einmal drischt er auf den Boden ein und präsentiert eine 1,5 m lange, jetzt tote, Schlange. Gefahr erkannt – Gefahr gebannt. Danke Kolja!

Auf dem Weg nach Albanien haben wir eine Gruppe wilder Esel und Mindi und Nancy getroffen. Mit denen haben wir uns gleich super verstanden und sind, nachdem die Esel angefangen haben, unsere Taschen anzuknabbern, gemeinsam weitergefahren. Bei einer Mittagspause an einem kleinen Cafe oben an einem Berg haben wir den Otto aus Ulm kennengelernt. Der hat sich einen alten … (ich kann mir sowas immer nicht merken) zu einem sehr coolen Einmann-Wohnmobil umgebaut und fährt jedes Jahr für 3 Wochen in der Gegend rum. Als Dank für unsere 500GB Datenvolumen, die wir mit ihm geteilt haben, damit er sich auch mal bei seiner Frau melden kann, und weil er unser Vorhaben feiert, hat er uns in seinem Wunderauto einen Kaffee gekocht. Als dann eine Radreisegruppe mit E-Bikes vorbeikam und eine Frau auf unseren Kaffee gespechtelt hat, hat der Otto gemeint: „Den gibts nicht für jeden, den muss man sich schon verdienen.“ Da haben wir uns dann doch ein bisschen gefreut, weil man sich schon oft fragt, warum man sich die Plackerei eigentlich antut. 

Mit einem ordentlichen Koffeinschub sind wir dann den letzten Berg vor der Grenze zu Albanien hochgerauscht und haben bei einer traumhaften Aussicht die Abfahrt genossen. Bis Shkodra sind wir an dem Abend noch gekommen und waren heilfroh, dass Mindi und Nancy schon ein schönes Hostel im Auge hatten, weil es wurde schon wieder Dunkel und Shkodra ist trotz Fahrradstadt echt Chaos.


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